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Umgangs- und Sorgerechts-Blog

Wechselmodell und Unterhalt – Teil 2

Matthias Bergmann
Wechselmodell und Unterhalt – Teil 2 – Vertretungsbefugnis im Wechselmodell

Ich habe im ersten Teil dieser Serie zum Unterhalt im Wechselmodell die Grundlagen der Frage, ob ein Wechselmodell angeordnet werden kann beschrieben. Und die Position des BGH zur Frage, ob eine getroffene Regelung rechtlich ein Wechselmodell ist oder nicht erklärt. Naja. Versucht zu erklären. Jetzt zu den weiteren Problemen bei der Geltendmachung von Unterhalt im Wechselmodell:

Vertretungsberechtigung für Unterhalt im Wechselmodell

Jetzt darf ich Sie, lieber Leser ein wenig mit Jura quälen. Wer einen Anspruch geltend machen will, muss den entweder selber haben oder ihn in Vertretung geltend machen können. Klar. Ich kann selber Brötchen kaufen, oder Sie schicken, damit Sie für mich Brötchen kaufen. Macht Sinn.
Ok. Und Kindesunterhalt ist ein Anspruch des Kindes. Den Anspruch selber geltend machen könnte also nur das Kind. Hm. Das Kind ist aber minderjährig und nur beschränkt geschäftsfähig. Kann also nicht selber klagen (hysterische Heulkrämpfe nachts um drei gelten hier nur als Klagen wenn sie den zuständigen Richter erreichen). Also muss jemand das Kind vertreten.
Ist auch kein Problem. Machen die Eltern, kennen wir alle, nennen wir elterliche Sorge. Leider richtet sich der Anspruch auf Kindesunterhalt des Kindes aber gegen die Eltern. Die müssten also jetzt einen Anspruch gegen sich selbst geltend machen. Vor Gericht.

Vertretungsbefugnis im Residenzmodell

Beim Residenzmodell gibt’s eine einfache Lösung im Gesetz: § 1629 II BGB. Der Elternteil, bei dem sich das Kind hauptsächlich befindet kann den Unterhaltsanspruch im Namen des Kindes selbst gegen den anderen Elternteil vor Gericht geltend machen. Prima. Schöne einfache Lösung. Nur: wer ist das denn hier?

§ 1629 II BGB ist im Wechselmodell unanwendbar

Unklar. Entweder es gibt einen hauptbetreuenden Elternteil. Oder wir haben ein Wechselmodell. § 1629 II BGB ist nicht anwendbar. Klingt erst mal nach einer Formalie, hat aber ziemlich drastische Konsequenzen:
Klagt ein Elternteil direkt im Namen des Kindes auf Unterhalt im Wechselmodell, so geht das Verfahren ziemlich sicher in die Binsen. Denn es fehlt dem Elternteil an Vertretungsbefugnis. Und zwar selbst dann, wenn der andere Elternteil einverstanden damit ist verklagt zu werden. Wow, denken Sie jetzt, ihr Juristen spinnt. Aber hinter diesem scheinbar absurden Ergebnis steht eine sehr vernünftige und fest etablierte Regel: Das Verbot der Insichgeschäfte nach § 181 BGB. Eltern sollen nicht für ihr Kind Geschäfte mit sich selbst machen dürfen. Und so kann der eine Elternteil den anderen Elternteil auch nicht wirksam bevollmächtigen für das Kind Klage gegen ihn/sie zu erheben. Moment, wird jetzt ein kluger Jurist einwenden: Ist das denn nicht eine Ausnahme von der Regel des § 181 BGB, nämlich ein ausschließlich vorteilhaftes Geschäft? Aber nein: Es gibt für das Verfahren ein (nicht unerhebliches) Kostenrisiko.
So- noch da? Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn Sie ein Wechselmodell haben, weniger Geld verdienen als der andere Elternteil und einfach eine Klage auf Unterhalt im Namen des Kindes anhängig machen, dann wird die (wenn der Amtsrichter nicht schläft) schlicht und einfach als unzulässig verworfen.

Lösungswege für die Vertretungsbefugnis zur Geltendmachung des Unterhaltes im Wechselmodell

Der BGH sieht zwei Lösungswege für dieses Problem. Man könnte

1. einen Ergänzungspfleger für die Geltendmachung des Unterhalts einsetzen

oder

2. mit einem Verfahren nach § 1628 BGB das Recht zur Geltendmachung des Kindesunterhaltes
einem Elternteil zuordnen.

Klingt gut. Bei näherem Hinsehen ist aber nur eine dieser Lösungen ernsthaft praktikabel. Aber – weil ich gerade Spaß an juristischer Spitzfindigkeit habe – fangen wir mal mit der ersten Lösung an.

Ergänzungspfleger für die Geltendmachung des Unterhalts im Wechselmodell einsetzen

Schöne Idee. Meint man. Wir suchen uns einen Dritten, und der macht das dann für das Kind geltend. Wird wohl nur in der Praxis nicht klappen.
Gem. § 1629 II Satz 3 iVm. 1796 BGB geht das bei erheblichem Interessenkonflikt zwischen Eltern und Kind. Kind hat Anspruch auf Kindesunterhalt, Elternteil will nicht zahlen. Interessenkonflikt: check. Machen wir.
Setzen wir also einen Ergänzungspfleger ein. Und der entscheidet dann, ob er Unterhalt geltend macht. Führt das Verfahren. Ich ignoriere jetzt mal höflich die Frage, ob das wirklich klappt und ein solcher Ergänzungspfleger so ein Verfahren wirklich mit Durchsetzungsvermögen führen wird. Und wir gehen auch ganz optimistisch davon aus, dass bei dem verfahren dann etwas bei rauskommt. Wer erhält denn das Geld eigentlich? Der Ergänzungspfleger im Namen des Kindes? Hat der denn auch eine Empfangsvollmacht? Und ist der auch für den Verbrauch des Geldes zuständig?
Klingt nicht so richtig praktikabel. Ich kenn auch keinen Fall in dem das so geregelt wurde. Aber geht theoretisch.

§ 1628 Übertragung der Berechtigung zur Geltendmachung des Unterhaltes im Wechselmodell

Gem. § 1628 BGB können im Streitfall einzelne elterliche Befugnisse von erheblicher Bedeutung für das Kind auf einen Elternteil übertragen werden. Genau heißt es dort:

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

OK. Scheint ja zu passen. Man kann jedenfalls argumentieren, dass die Geltendmachung von Unterhalt eine Angelegenheit ist, die für das Kind von erheblicher Bedeutung ist.
Wobei der kleine Ketzer in mir sich da nicht so sicher ist. Wir springen mal kurz: Beim Wechselmodell wird der am Ende auszugleichende Unterhaltsanspruch in der Regel recht gering sein (warum: Geduld, Geduld und siehe unten). Wenn das so ist, ist die Geltendmachung eines Anspruches von sagen wir…äh…90 EUR im Monat von erheblicher Bedeutung für das Kind? Kann sein. Oder auch nicht. Ich sag ja nur…..
Stellen wir also einen Antrag nach § 1628 BGB. Ist halt nur ein eigenes Verfahren. Vor dem Unterhaltsverfahren. Kann man auch nicht verbinden zu einem Verfahren oder als Stufenantrag geltend machen, das eine (§ 1628 BGB) ist ein FG-Familienverfahren mit voller Amtsermittlung, und das andere (Unterhalt) ist ein Familienstreitverfahren ohne Amtsermittlungsgrundsatz. Kann man gem. § 20 FamFG nicht verbinden (vgl.: OLG Frankfurt a. M. NJW 2015, 2346; MüKoFamFG/Pabst § 20 Rn. 7). Wir haben also ein eigenes, vorgeschaltetes Verfahren.
Nur. Wem überträgt der Richter das Recht denn jetzt? Da muss er wohl grob abschätzen, wer am Ende wohl wem Unterhalt schulden wird in diesem konkreten Wechselmodell. Im Antrag nach § 1628 BGB muss man deshalb wohl schon einmal grob vorab darlegen, wer am Ende wem was schulden wird. Da freut sich der Richter, da kann er jetzt erst mal hyperkomplexe Überschlagrechnungen machen, bloß damit am Ende jemand das Recht hat ihm ein hyperkomplexes Verfahren wegen Unterhalt im Wechselmodell ans Bein zu binden.
Aber: Jetzt kann entweder der Ergänzungspfleger oder ein Elternteil also den Unterhalt geltend machen.

Ach so – für alle die jetzt immer noch mitlesen: Bevor die Berechtigung zur Geltendmachung erteilt ist kann man den anderen nicht mal wirksam zur Zahlung auffordern oder in Verzug setzen. Nix Zinsen. Und bitte jetzt nicht fragen wie viele Möglichkeiten es gibt, so ein Verfahren auf Erteilung der Möglichkeit zur Geltendmachung von Unterhalt im Wechselmodell künstlich zu verlängern. *pfeif unschuldig*

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