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Umgangs- und Sorgerechts-Blog
PAS & EKE – eine Erklärung für die Umgangsverweigerung?

PAS & EKE – eine Erklärung für die Umgangsverweigerung?

Jennifer Otto

PAS & EKE – eine Erklärung für die Umgangsverweigerung meines Kindes?

Ein Blogbeitrag von Caroline Greb

Normalerweise gilt der Grundsatz: zwei Jurist:innen, drei Meinungen. Bei der Frage, ob hinter der Umgangsverweigerung eines Kindes das Parental Alienation Syndrom (PAS) oder das Eltern-Kind-Entfremdungssyndrom (EKE) stecken könnte, heißt die Antwort jedoch ohne Kompromisse: Nein. Denn das Bundesverfassungsgericht hat klar entschieden, dass es sich bei den genannten „Syndromen“ nicht um wissenschaftliche Diagnosen, sondern um eine Schein-Wissenschaft handelt, die in familiengerichtlichen Verfahren keine Berücksichtigung finden darf. Wir erklären euch, warum PAS und EKE so problematisch sind und was wirklich helfen kann, wenn euer Kind den Umgang verweigert.

  1. Was bedeuten PAS, EKE und Co.?
  2. Inwieweit spielen PAS & EKE im familiengerichtlichen Verfahren eine Rolle?
  3. Warum sind PAS und EKE denn eigentlich so problematisch?
  4. Was kann ich tun, damit ich mein Kind wieder sehen kann?

1. Was bedeuten PAS, EKE und Co.?

Sowohl die Theorie des PAS (Parental Alienation Syndrom) als auch des EKE (Eltern-Kind-Entfremdungssyndrom) beschäftigen sich mit der Frage, warum ein Kind den Umgang zu einem Elternteil ablehnt. Beide Theorien haben dafür vor allem eine Erklärung: Das Kind muss von dem anderen – bindungsintoleranten – Elternteil manipuliert worden sein (sog. „Brainwashing“).

Die Erfinder von PAS und EKE gehen davon aus, dass sich das Kind durch die Manipulation mit dem hauptbetreuenden Elternteil solidarisiert und allein deshalb den Umgang mit dem anderen Elternteil ablehnt. Die Theorien basieren zudem auf der Annahme, dass dies dem eigentlichen Wunsch des Kindes nach Kontakt mit beiden Elternteilen widerspricht. Daher ordnen die Theorien des PAS und des EKE das Verhalten des vermeintlich manipulierenden Elternteils als Kindeswohlgefährdung ein. Beide Theorien empfehlen daher harte Maßnahmen: etwa dem vermeintlich manipulierenden Elternteil das Sorgerecht zu entziehen oder das Kind zum anderen Elternteil oder in eine Pflegefamilie umziehen zu lassen. Dadurch soll in der Theorie der Kontakt zum Umgangselternteil wieder ermöglicht werden.

2. Inwieweit spielen PAS & EKE im familiengerichtlichen Verfahren bei Umgangsverweigerung eine Rolle?

Hierzu lautet die kurze und knappe Antwort: im besten Fall gar nicht. Denn das Bundesverfassungsgericht hat Ende 2023 klar entschieden, dass Theorien zur Eltern-Kind-Entfremdung fachwissenschaftlich widerlegt sind. Sie dürfen daher für die familiengerichtliche Beurteilung keine Rolle spielen.

Im Wortlaut sagt das Bundesverfassungsgericht:

Mit der vom Oberlandesgericht herangezogenen Eltern-Kind-Entfremdung wird auf das überkommene und fachwissenschaftlich als widerlegt geltende Konzept des sogenannten Parental Alienation Syndrom (kurz PAS) zurückgegriffen. Das genügt als hinreichend tragfähige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung nicht. Soweit ersichtlich besteht nach derzeitigem Stand der Fachwissenschaft kein empirischer Beleg für eine elterliche Manipulation bei kindlicher Ablehnung des anderen Elternteils oder für die Wirksamkeit einer Herausnahme des Kindes aus dem Haushalt des angeblich manipulierenden Elternteils.

(BVerfG, Beschluss vom 17.11.2023, – 1 BvR 1076/23 – Rn. 34)

Nicht verwechseln: Was natürlich schon eine Rolle spielen darf, ist die Frage, ob die Eltern bindungstolerant sind und ob ein Elternteil das Kind manipuliert. Diese Umstände sind bei der Prüfung des Kindeswohls zu berücksichtigen.

 3. Warum sind PAS und EKE denn eigentlich so problematisch?

Auf den ersten Blick erscheinen die Theorien von PAS und EKE erstmal schlüssig. Denn natürlich kann es sein, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind manipuliert und das Kind (auch) deshalb den Kontakt zum anderen Elternteil ablehnt. Problematisch ist an den Theorien aber, dass sie alternative Erklärungen für die Umgangsverweigerung des Kindes komplett ausblenden. Vor allem Ursachen, die in der Person des Kindes oder des Umgangselternteils liegen, werden vollkommen außer Acht gelassen.

a. Mögliche Gründe für die Umgangsverweigerung

In den allermeisten Familien ist die Umgangsverweigerung eines Kindes nämlich nicht nur auf eine einzelne Ursache zurückzuführen. Vielmehr kommt es auf ganz verschiedene, sich gegenseitig beeinflussende Umstände an, zum Beispiel die Folgenden:

  • Es kann sein, dass das Kind den Umgang verweigert, wenn der Umgangselternteil vor der Trennung wenig an der Betreuung des Kindes beteiligt war. Hintergrund ist, dass das Kind möglicherweise keine vergleichbar enge Beziehung zu diesem Elternteil entwickelt hat. Es kann sich daher im Kontakt mit diesem Elternteil unsicher fühlen. Dieser Umstand spielt vor allem dann eine Rolle, wenn das Kind bei der Trennung der Eltern noch recht jung ist.
  • Auch Störungen in der Beziehungsgestaltung (z. B. problematische Erziehungsmethoden) oder erlebte häusliche Gewalt können dazu führen, dass das Kind den Umgang zum anderen Elternteil ablehnt.
  • Daneben kann eine Hochstrittigkeit der Eltern – insbesondere bei Übergabesituationen – dazu führen, dass das Kind den Umgang verweigert. Dabei versucht es so den ständigen Streitigkeiten der Eltern nicht mehr ausgesetzt sein zu müssen. Ebenso kann auch die Tatsache, dass der Umgangselternteil den hauptbetreuenden Elternteil bei den Umgängen abwertet, dazu führen, dass das Kind keine Umgangskontakte mehr wahrnehmen will. Schließlich wird das Kind dadurch auch ein Stück weit selbst abgewertet, indem ein Teil seiner Identität schlechtgeredet wird.
  • Gerade bei Familien, in denen der umgangsberechtigte Elternteil weit entfernt wohnt, kann es auch schlicht und einfach sein, dass es für das Kind zu anstrengend oder im Hinblick auf die eigene Freizeitgestaltung zu einschränkend ist, regelmäßig zum anderen Elternteil zu fahren.

Neben den genannten Ursachen gibt noch eine Reihe an weiteren Gründen, die zu einer Umgangsverweigerung des Kindes führen können. Oft wirken die Umstände auch ineinander, sodass sich die Umgangsverweigerung nicht auf eine einzige Ursache zurückführen lässt. Es ist also deutlich zu kurz gegriffen, jegliche Umgangsverweigerung mit einer Manipulation des anderen Elternteils zu erklären.

b. Umgangsverweigerung = Kindeswohlgefährdung?

Daneben stellt sich auch die pauschale Schlussfolgerung einer Kindeswohlgefährdung sowie die damit verbundene Empfehlung harter Maßnahmen als hochproblematisch dar. Natürlich kann es für die Entwicklung des Kindes eine Gefahr darstellen, wenn der Kontakt zum anderen Elternteil abreißt. Das ist aber keinesfalls zwingend der Fall! Im Gegenteil kann es sogar eine Kindeswohlgefährdung darstellen, wenn der Umgang gegen den Willen des Kindes durchgesetzt wird.

Ob der Kontaktabbruch tatsächlich eine Kindeswohlgefährdung darstellt, hängt von vielen Faktoren ab. Dazu zählt beispielsweise, wie lange das Kind mit dem Umgangselternteil zusammengelebt hat und ob/welche Art von Bindung zum Umgangselternteil besteht. Jedenfalls kann ein Kontaktabbruch zum anderen Elternteil aber nicht pauschal zu der Annahme führen, dass das Kind so stark gefährdet ist, dass Eingriffe in das Sorgerecht des hauptbetreuenden Elternteils gerechtfertigt sind oder das Kind sogar fremduntergebracht werden muss. Schließlich würde bei Kindern, bei denen ein Elternteil verstirbt und der Kontakt zu diesem Elternteil deshalb abbricht, auch niemand auf die Idee kommen, dass das Kind aus seinem Zuhause herausgenommen und dadurch auch noch von dem anderen Elternteil getrennt werden muss.

Insbesondere darf die Entscheidung, ob ein Kind aus seinem bisherigen Zuhause herausgenommen wird, nie pauschalisiert und leichtfertig getroffen werden. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts haben die Gerichte anhand der Umstände des Einzelfalls ganz genau abzuwägen, ob Eingriffe in das Sorgerecht eines Elternteils gerechtfertigt sind und ob eine Herausnahme des Kindes aus seinem Zuhause tatsächlich zu einer Verbesserung seiner Situation führt. Vor diesem Hintergrund erscheint es hochproblematisch, dass die Theorien des PAS und des EKE – oft unter Ausblendung der negativen Folgen für das Kind – pauschal eine Herausnahme des Kindes aus dem Haushalt des hauptbetreuenden Elternteils empfehlen.

c. PAS und EKE sind wissenschaftliche widerlegt

Im Übrigen sind die Theorien von PAS und EKE mittlerweile auch vielfach wissenschaftlich widerlegt worden. So etwa von einem der bekanntesten familiengerichtlichen Gutachter in Deutschland – dem Diplom-Psychologen Joseph Salzgeber. Dieser hat unter anderem die aktuell geltenden Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht mitentwickelt. Salzgeber rät in seinem Fachbuch zur Erstellung von Sachverständigengutachten von einer Verwendung des PAS ab. Aus fachlicher Sicht odnet er dieses wie folgt ein:

Der Terminus PAS wurde nicht wissenschaftlich erarbeitet, sondern fußt auf der persönlichen Erfahrung von Gardner und anderen. Auffallend ist der relativ geringe Bestand an Forschung zum PAS-Konzept, selbst über Langzeitfolgen einer Ablehnungshaltung eines Elternteils auf das Kind ist kaum etwas bekannt, auch nicht über die von den Vertretern empfohlenen Interventionen […]. Es gibt kein Diagnoseverfahren, um PAS festzustellen

(Salzgeber Familienpsychologische GA/Salzgeber Rn. 1214)

4. Was kann ich bei Umgangsverweigerung dann tun, damit ich mein Kind wieder sehen kann?

Wenn kein Umgang stattfindet, ist es sinnvoll, zu einer Anwältin Kontakt aufzunehmen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dabei ist meist schnelles Handeln gefragt. Je nach Situation empfiehlt es sich, sich beim Jugendamt beraten zu lassen oder ein gerichtliches Umgangsverfahren einzuleiten. In dem gerichtlichen Umgangsverfahren wird dann unter Umständen auch ein psychologisches Sachverständigengutachten eingeholt, um die Ursachen für die Umgangsverweigerung zu untersuchen und mögliche Handlungsoptionen zu identifizieren, um die Verweigerungshaltung des Kindes abzubauen. Das kann zum Beispiel die Anbindung des Kindes in einer Trennungs- und Scheidungskindergruppe oder die Einrichtung einer Erziehungsbeistandschaft sein. Häufig nimmt auch die Deeskalation des elterlichen Konflikts eine zentrale Rolle ein. Daher legen Gutachter*innen den Eltern regelmäßig auch eine Elternberatung oder Kurse wie „Kind im Blick“ ans Herz.

Um die beste Option für Ihren Fall zu besprechen, können Sie hier online einen Termin für eine Erstberatung in unserer Kanzlei vereinbaren.

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