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Umgangs- und Sorgerechts-Blog

Yagmur – An der Lösung vorbei

Matthias Bergmann

Der Tod der dreijährigen Yagmur macht fassungslos. Und Fassungslosigkeit bleibt auch nach der Verurteilung ihrer grausamen Mutter zurück. Denn wie kann es sein, dass ein Dreijähriges Mädchen brutal erschlagen wird – und keiner greift ein? Die Schuld am Tod des Mädchens liegt aber nicht nur bei den Eltern – sondern auch im System: der Arbeit von Jugendämtern, Gutachtern, Anwälten und Richtern.

Praxis des Familienrechts

Kennt man die alltägliche Praxis im deutschen Kindschaftsrecht, kann man über die unzureichende und fehlleitende Reaktion in Politik und Öffentlichkeit im Fall Yagmur nur staunen. Als Anwalt für Kindschaftsrecht erfüllt mich die öffentliche Reaktion daher auch mit großer Sorge. Mit populistischen Pauschalwertungen wird in Politik und Presse das schnellere Eingreifen der Jugendämter, schärfere Eingriffsrechte in Familien und die Stärkung der Kinderrechte gegenüber den Elternrechten im Grundgesetz gefordert. Das klingt alles gut. Bringt in der Praxis jedoch leider gar nichts.

Versagen des Familienrechts

Das deutsche Kindschaftsrecht versagt nicht nur, wenn es zu spät eingreift, sondern flächendeckend und systemisch gerade auch dann, wenn es zu früh, zu stark und ohne ausreichenden Grund in Familien eingreift. Kinder werden ihren Eltern ohne ausreichende Gründe entrissen. Jugendämter greifen ein, statt Hilfe zu leisten, Und Gerichte nicken ab, statt zu kontrollieren. Der Fall Yagmur ist entsprechend nur ein Extrem eines tatsächlich viel tiefer greifenden Problems.

Versagen der Jugendhilfe

Im Alltag führen überlastete Jugendämter, Richter ohne jegliche Fortbildung, Gutachten von katastrophaler Qualität und lustlos-aggressive Anwälte regelmäßig zu Fehlentscheidungen. Im Jahr 2013 gab es so viele Inobhutnahmen von Kindern in Deutschland wie nie zuvor. Doch das ist kein Grund zur Freude. Es ist Zeichen eines kollektiven Versagens der Praxis der Jugendhilfe.

schlechte Gutachten & Jugendämter, langsame Gerichte

Überlastete Richter, in deren Ausbildung Kindschaftsrecht keine Rolle spielte und für die keinerlei Verpflichtung zur Fortbildung besteht, urteilen. Jugendämter sind chronisch unterbesetzt, haben aber gleichzeitig umfassende Eingriffsrechte und -pflichten. Eine Fachaufsicht, die diese Machtfülle intern kontrolliert, gibt es nicht. Standards für Gutachten, im Baurecht oder Verkehrsrecht zum Beispiel eine Selbstverständlichkeit, fehlen im Kindschaftsrecht. Das Resultat: Mehr als 50 Prozent der Gutachten erfüllen nicht einmal die wissenschaftlichen Mindeststandards, die an Bachelor-Arbeiten gestellt werden. Und doch sind sie häufig entscheidend für den Richterspruch. Auch ist die gesetzliche Vergütung kindschaftsrechtlicher Fälle so viel niedriger als die von Scheidungen oder Unterhaltssachen, dass kein Anwalt den eigentlich für seine Fälle notwendigen Zeitaufwand wirtschaftlich sinnvoll betreiben kann.

<h2> Kinderrechte ins Grundgesetz?</h2>

Klar ist: Nicht das Rechtssystem ist falsch ausgerichtet. Kinderrechte stehen bereits im Grundgesetz und es gibt ein ausgewogenes rechtliches System für die Beurteilung auch schwieriger Fälle. Es braucht also keine Gesetzesänderungen. Vielmehr mangelt es an der adäquaten Umsetzung der bereits bestehenden Gesetzgebung. Ein mühsamer und wenig pressewirksamer Wandel in der Praxis ist notwendig. Geld für mehr Jugendamtsmitarbeiter und Familienrichter muss her, verbindliche Standards für Gutachten, Fortbildungspflichten für Richter, eine aufwandsangemessene gesetzliche Vergütung von Anwälten.

Kinderrechte ins Grundgesetz?

Die Antwort auf den Fall Yagmur ist also bei weitem nicht so einfach, wie es scheint. Pauschalantworten wie „Kinderrechte ins Grundgesetz“ ignorieren die Komplexität des Problems in der Praxis. Sie lenken von dem dringend nötigen Versuch ab, eine Praxis zu ändern, die schutzbedürftigen Kindern und Familien aktuell in keiner Weise gerecht wird.

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